Unsere Exkursion zu Knorr-Bremse in München am 11. Mai 2023 bot uns eine spannende Gelegenheit, die technischen Aspekte und Herausforderungen der Bahn- und Nutzfahrzeugsindustrie näher kennenzulernen.
Universaler Zug-Prüfstand: Einblicke in die Zugbremstechnik
Im Universellen Zug-Prüfstand simuliert Knorr-Bremse die Bremsvorgänge von Güter- und Reisezügen. Durch pneumatisch gesteuerte, indirekte Bremsen wird über einen Druckabfall in der sich über die gesamte Zuglänge erstreckenden Hauptleitung mittels des Steuerventils ein Druckaufbau an den jeweiligen Bremszylindern ausgelöst, der zur Bremsung führt. Die Signalweiterleitung über je nach Zug bis zu 750 m langen Hauptleitung erfolgt allerdings relativ langsam, da allein schon die Schallgeschwindigkeit einen limitierenden Faktor darstellt. Dies führt zu einer Herausforderung bei langen Zügen, da die vorderen Wagen zuerst bremsen, während die hinteren Wagen zuletzt bremsen.
ATLAS: Prüfung der Rad-Schiene-Haftung
Im Advanced Test Laboratory for Adhesion based Systems (ATLAS) kann ein kompletter Zug virtuell simuliert werden. U.a. wird die Haftung von Rad an Schiene unter verschiedenen Bedingungen getestet. Dabei werden Störungen wie Wasser, Laub und Öl simuliert. Als Gleitschutz hilft hier die sogennante Sandungsanlage bei Zügen, die vor dem Rad, über Düsen, sehr feinen Sand auf die Schiene aufbringt. So kann ein Bremsweg von einem Kilometer bei einer Geschwindigkeit von 160 km/h garantiert werden. Der Teststand kann bis zu 30 Tonnen Achslast, Kurvenfahrten und Kräfte in Fahrtrichtung simulieren. Ein 1,4 MW starker Motor kann die Dynamik eines echten Zuges nachahmen.
Schraubenkompressoren: Herzstück der pneumatischen Bremsanlage
Schraubenkompressoren erzeugen den benötigten Luftdruck im pneumatischen Bremssystem. Sie werden in einer Temperaturkammer validiert, die Temperaturen von -50 bis +80° C erzeugen kann, um sicherzustellen, dass sie unter allen Bedingungen zuverlässig arbeiten. Die komprimmierte Luft muss außerdem frei von Feuchtigekit und Öl sein, um beispielsweise ein Einfrieren von Ventilen zu verhindern. Im Vergleich zu Kolbenkompressoren bieten Schraubenkompressoren eine kontinuierlichere Ansaugung und sind daher effizienter.
Unternehmenspräsentation: Rückblick und Ausblick – bei Kaffe und Kuchen
Die Knorr-Bremse AG wurde 1905 gegründet und hat seitdem ein beeindruckendes Wachstum erlebt. Heute verfügt das Unternehmen über rund 100 Standorte in über 30 Ländern, darunter 80 Produktionsstätten, und beschäftigt etwa 30.000 Mitarbeiter. Im Jahr 2022 betrug der Umsatz des Unternehmens rund 7,2 Milliarden Euro. Wichtige Geschäftsthemen sind Urbanisierung, Nachhaltigkeit, Digitalisierung und Mobilität. Außer Bremsen werden u.a. Klimaanlagen, Türsysteme, Signale, Scheibenwischer und Zugkupplungen hergestellt.
Forum: Technologie zum Anfassen
Die letzte Station unserer Tour war das Forum – Empfangshalle für wichtige Gäste und Ausstellung, die technische Details, Originalteile und 3D-Druckmodelle zeigt. Besonders bemerkenswert waren die Hybrid-Bremssysteme, die elektrodynamische und Reibungsbremsen kombinieren. Die Hybridtechnik, die heute in Autos weit verbreitet ist, stammt ursprünglich aus dem Bahnbereich.
Unser Besuch bei Knorr-Bremse bot uns einen tiefen Einblick in die technischen Aspekte und Herausforderungen der Bahnindustrie und lieferte uns viele Anregungen für unser eigenes technisches Studium. Es war eine lohnende Erfahrung, die uns nicht nur das theoretische Verständnis, sondern auch die praktische Anwendung dieser Technologien näherbrachte. Wir bedanken uns bei allen Mitarbeitern der Knorr-Bremse AG, die diesen Besuch für uns zu einer einzigartigen und bereichernden Erfahrung gemacht haben.
